Ausbildungsduldung eines bereits berufsqualifizierten Ausländers
Hat ein Ausländer durch seine langjährige, einschlägige Berufserfahrung bereits eine Berufsqualifikation erworben, entfällt der Anspruch auf Erteilung einer Duldung wegen Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung (sogenannte Ausbildungsduldung).
Mit dieser Begründung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz den Antrag auf Erteilung einer Ausbildungsduldung abgelehnt. Das Asylverfahren des armenischen Antragstellers war ohne Erfolg abgeschlossen worden, so dass er ausreisepflichtig wurde. Im Februar 2017 hat er die Erteilung einer Ausbildungsduldung beantragt. Er strebt die Ausbildung zum Glaser mit dem Schwerpunkt Fensterbau an. In Armenien war er rund 14 Jahre als Fensterbauer tätig, zuletzt als Selbständiger mit eigenem Betrieb. Nachdem die Ausländerbehörde der Stadt Landau aufenthaltsbeendende Maßnahmen einleitete, beantragte er beim Verwaltungsgericht, die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihn sowie seine Frau und Kinder vorläufig zu dulden. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ab. Hiergegen hat der Armenier Beschwerde eingelegt.
In seiner Entscheidungsbegründung hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz auf die seit August 2016 geltenden Fassung des Ausländergesetzes hingewiesen, wonach eine Duldung wegen dringender persönlicher Gründe zu erteilen sei, wenn ein Ausländer eine qualifizierte Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf in Deutschland aufnehme oder aufgenommen habe und kein gesetzlicher Ausschlussgrund vorliege. Letzteres sei hier nicht der Fall. Der Antragsteller habe auch formal eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen. Die Aufnahme der Berufsausbildung durch den Antragsteller stelle sich aber angesichts dessen, dass er eine entsprechende Berufsqualifikation bereits durch seine langjährige, einschlägige Berufserfahrung erworben habe, als rechtsmissbräuchlich dar. Der Zweck der gesetzlichen Regelung der Ausbildungsduldung werde dadurch umgangen, dass inhaltlich keine Ausbildung erfolge, sondern einem bereits berufsqualifizierten Ausländer durch eine – inhaltlich nicht erforderliche – Ausbildung zunächst ein Duldungsanspruch und sodann die erleichterte Aussicht auf einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung verschafft würden. Der Gesetzgeber habe keine Duldung für bereits berufsqualifizierte Ausländer vorgesehen, um damit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sondern habe insoweit an den sonst geltenden Bestimmungen zur Arbeitsimmigration festgehalten und lediglich die qualifizierte Berufsausbildung privilegiert. Es bestehe im Gegenteil ein öffentliches Interesse, ein nur formales Ausbildungsverhältnis für bereits einschlägig berufsqualifizierte Ausländer, die – gegebenenfalls nach kurzer Einarbeitung – wie eine ausgebildete Kraft eingesetzt werden könnten, nicht an der Privilegierung der Ausbildungsduldung teilhaben zu lassen. Andernfalls würde nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ein Fehlanreiz geschaffen, unter den Bedingungen eines Ausbildungsverhältnisses einschlägig ausgebildete Fachkräfte zu beschäftigen, die dies aufgrund der Aussicht auf eine Duldung und die Möglichkeit, sodann einen Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung zu erhalten, trotz ihrer bereits vorhandenen Berufsqualifikationen akzeptierten.
Mithin fehle es in Bezug auf den Antragsteller trotz dessen formal aufgenommener qualifizierter Berufsausbildung an dringenden persönlichen Gründen als Grundlage für einen Anspruch auf Erteilung einer Ausbildungsduldung. Das Oberverwaltungsgericht hat deshalb die Beschwerde zurückgewiesen.
Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31. Juli 2017 – 7 B 11276/17.OVG