Die unzulängliche Begründung der beantragten Dauer der Abschiebehaft

Ein zulässiger Haftantrag der beteiligten Behörde ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht.

Erforderlich sind Darlegungen

  • zur zweifelsfreien Ausreisepflicht,
  • zu den Abschiebungs- oder Überstellungsvoraussetzungen,
  • zur Erforderlichkeit der Haft,
  • zur Durchführbarkeit der Abschiebung oder Überstellung und
  • zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG).

Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein; sie müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte ansprechen. Im Hinblick auf die beantragte Haftdauer ist eine auf den konkreten Fall bezogene Erläuterung unverzichtbar, warum eine kürzere Haftdauer nicht ausreicht1.

Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden2.

Diesen Anforderungen genügte der vom Bundesgerichtshof zu beurteilende Haftantrag: Die beteiligte Behörde hatte in ihrem schriftlichen Haftantrag, in welchem sie für den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung lediglich bis zum 14.06.beantragt hatte, mitgeteilt, dass eine Abschiebung des Betroffenen für den 13.06.möglich sein werde, da für diesen Tag bereits ein Flug gebucht sei und mit einem rechtzeitigen Eingang der von den marokkanischen Behörden zugesagten Passersatzpapiere gerechnet werde. In dem ebenfalls am 29.05.stattfindenden Anhörungstermin beim Amtsgericht begründete die Behörde die Notwendigkeit eines um einen Monat längeren Haftzeitraums – nämlich bis zum 14.07.- damit, dass das Gepäck des soeben aus Dänemark überstellten Betroffenen nicht auffindbar sei und daher gegebenenfalls eine Umbuchung des für den 13.06.gebuchten Flugs vorgenommen werden müsse, wobei man in einem derartigen Fall davon ausgehe, dass die Abschiebung bis zum 14.07.erfolgen könne.

Diese Informationen haben dem Haftrichter eine hinreichende tatsächliche Grundlage dafür verschafft, selbständig zu beurteilen, welcher Haftzeitraum (zunächst) notwendig war, um die Abschiebung des Betroffenen sicherzustellen. Dabei ändert es an der Zulässigkeit des Haftantrags nichts, wenn diese Tatsachengrundlage nicht geeignet war, eine Haftanordnung bis zum 14.07.zu rechtfertigen. Zweck des Begründungserfordernisses ist es, den Richter und den Betroffenen durch die Angaben der Behörde in die Lage zu versetzen, die Rechtmäßigkeit der beantragten Haft zu prüfen. Es reicht deshalb nachvollziehbarer Vortrag aus, der konkrete Nachfragen seitens der Haftgerichte ermöglicht3. Dem genügten die Ausführungen. Inwieweit die Angaben in dem Haftantrag der beteiligten Behörde eine tragfähige Grundlage für die beantragte Haft bieten, ist dagegen keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit des Haftantrags4.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26. Januar 2021 – XIII ZB 14/19

  1. BGH, Beschluss vom 30.08.2012 – V ZB 47/12 7
  2. st. Rspr., vgl. BGH, Beschlüsse vom 15.09.2011 – V ZB 123/11, InfAuslR 2012, 25 Rn. 8; vom 12.11.2019 – XIII ZB 5/19, InfAuslR 2020, 165 Rn. 8; vom 14.07.2020 – XIII ZB 74/19 7
  3. BGH, Beschlüsse vom 06.10.2020 – XIII ZB 21/19; und vom 19.10.2020 – XIII ZB 43/19
  4. vgl. BGH, Beschluss vom 20.10.2016 – V ZB 167/14, mwN